Zwei Hunde an Leinen begegnen sich

Stress bei der Gassi-Runde: Warum Hundebegegnungen nicht immer die reine Freude sind

Ein schöner Spaziergang mit dem Hund, entspannt läuft er neben seinem Menschen her. Doch dann sieht man hinter der nächsten Ecke – noch etwas weiter entfernt – einen anderen, fremden Hund. Dieser ist ebenfalls unangeleint und der zugehörige Besitzer geht womöglich gerade noch 50 m hinter seinem Hund.

Von Null auf Hundert beschleunigt nun dieser fremde Hund und rast dem eigenen entgegen, während der Besitzer den Zuruf, er möge doch seinen Hund bitte abrufen, mit einem lapidaren „der will nur Hallo sagen!“ abtut.

Diese oder ähnliche Situationen kennst Du als Hundebesitzer oder -besitzerin bestimmt aus eigener, vielfacher Erfahrung.

Doch was passiert, wenn der fremde Hund nun vor dir und deinem Hund ankommt? Diese Unsicherheit über den Ausgang der sich gerade anbahnenden Situation ruft bei den meisten Hundebesitzern regelmäßig ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hervor. Denn ob der Hund nun „Freund oder Feind“ ist, wird sich sehr schnell herausstellen – und zwar ohne dass Du dem ausweichen kannst.

Freundliches oder feindliches Verhalten?

Hund versteckt sich am Bein
Foto: kidsnewshu

Wenn Du Glück hat, passiert: Nichts.

Wenn! Doch leider hat man bei solchen Treffen nicht immer Glück. Und dann läuft die Hundebegegnung so ab:

Der fremde Hund prescht heran und bleibt mit mehr oder weniger Abstand zu seinem Ziel stehen.

Reagiert nun dein Hund auf diese Begegnung mit knurren, bellen oder sogar schnappen und beißen, beurteilt der andere Hundebesitzer oft deinen Hund als „gestört“ und unterstellt, er habe kein Sozialverhalten.

Doch ist das wirklich der Fall? Zeichnet sich Sozialverhalten dadurch aus, dass dein Hund alle ihm bekannten und/oder eben auch fremde Artgenossen „freudestrahlend“ empfangen muss?

Territorial- statt Sozialverhalten

Eher nicht. Denn bei dem was wir tatsächlich in solchen Situationen sehen, handelt es sich nicht um Sozialverhalten, sondern um Territorialverhalten! Zur Erklärung:

Sozialverhalten wäre es, wenn es um das Verhalten zwischen Hunden der gleichen Gruppe, also „dem eigenen Rudel“ ginge – also um Interaktionen mit den Sozialpartnern, mit denen die Tiere zusammenleben.

Hunde, die nicht zu dieser Gruppe gehören, sind dagegen Konkurrenten.

Diese konkurrieren um ein Territorium und um die darin enthaltene Dinge, in der Verhaltensbiologie nennt man diese „Ressourcen“ nennt. Zu den Ressourcen gehören z. B. Sicherheit, Futter, Fortpflanzungsoptionen ect. Ressourcen sind Lebensgrundlagen und ihr Schutz ist entsprechend tief verankert im Verhalten eines Lebewesens.

Hundeartige markieren dazu ihre Territorien mit Urin und Kot. Dies soll gewährleisten, dass die im Territorium enthaltenen Ressourcen für die Gruppe gehalten werden. Gleichzeitig dient es dazu, Konflikten mit anderen Gruppen/Rudeln oder einzelnen fremden Hunden aus dem Weg zu gehen, indem von vornherein bekannt gegeben wird, „das Territorium (mit seinen Ressourcen) hier ist bereits unter Besitz“.

Bei wild-lebenden Hunden würde ein Eindringling in ein Territorium nicht freundlich aufgenommen, sondern vertrieben werden, da er für die Gruppe eine Bedrohung ihrer Ressourcen darstellt.

Auch Haushunde sind noch immer ein territoriale Rudeltiere

Dieses Verhalten ist allerdings nicht auf Wildtiere beschränkt. Denn nicht nur wild-lebende Hunde, sondern auch unsere Haushunden zeigen auch nach ihrer langen Domestizierung noch immer dieselben Territorial-Instinkte.

Dadurch geraten Hunde in der Stadt also praktisch permanent in Konflikte. Denn bei den vielen Hunden, die hier auf begrenztem Raum Gassi gehen, werden sich unterwegs ständig eine Vielzahl von Markierungen finden, die ganz klar sagen „Verschwinde!“.

Dabei haben aber unsere Hunde in dem Fall ja leider gar keine Wahl. Sie müssen zwangsläufig diese Grenzziehungen ignorieren bzw. übertreten, da sie z.B. ihrem Herrchen bzw. Frauchen folgen müssen, an der Leine geführt werden oder anderweitig einfach nicht ausweichen können.

Dauerdiskussion auf Distanz

Dein Hund muss unterwegs also permanent mit der Nase auf dem Boden die Markierungen der Konkurrenz prüfen und aus ihnen abschätzen, mit wem er es denn da zu tun haben könnte oder wird. Und er setzt selbst ebenfalls Markierungen ab…

Durch dieses ständige wechselseitige Markieren befinden sich die „Konkurrenten“ in einer Art „Dauerdiskussion auf Distanz“. Das allein ist schon eine hohe Herausforderung für deinen Vierbeiner.

Spielende Hunde auf einer Wiese
Spielende Hunde, Foto: Tom Kow via pixabay

Die zwei Begegnungstypen

Kommt es nun zur Begegnung der Hunde, kann das Ergebnis dieses Zusammentreffens entsprechend völlig unterschiedlich ausfallen. Meist reagieren die Hunde auf eine dieser beiden Arten:

Bereit zur Verteidigung

Die erste Gruppe Hunde möchte uns klar machen, dass wir uns schnellst möglich zu entfernen haben, nach dem Motto, „sonst gibt’s Ärger!“. Dazu preschen sie mit hoch erhobener Rute auf uns zu, bauen sich vor uns auf oder kommen uns mit gesenktem Kopf, gerade getragener Rute, dabei fixierend und schleichend entgegen, wobei sie kurz vor uns nach vorne schießen.

Unnötig zu erwähnen, dass spätestens jetzt unser oben erwähntes „mulmiges Gefühl im Bauch“ spätestens jetzt Karneval feiert…

Konfliktvermeidung

Die zweite Gruppe von Hunden dagegen beschwichtigt. Sie nähern sich mit gesenkten Ohren, niedrig wedelnder Rute und teilweise abgewandtem Blick. Damit machen sie klar, dass sie keinen Ärger wollen und dem Konflikt nur leider nicht ausweichend konnten.

Allerdings möchte leider nicht jeder Hund den Konflikten aus dem Weg gehen. Nicht selten wollen Hunde lieber den Eindringling aus ihrem Territorium vertreiben.

In diesem Fall kommt es dann trotzdem zum Austragen des Konflikts, selbst wenn einer der Hunde sich unterwirft.

Wie wichtig ist nun der Kontakt zu anderen Hunden?

Hunde brauchen Sozialkontakt

Sozialkontakt ist wichtig – und damit ist Sozialkontakt zu ihrer eigenen Gruppe gemeint. Dies kann sowohl nur mit Menschen als auch mit Menschen und anderen Hunden sein. Dabei können auch Hunde, die regelmäßig getroffen werden, weitläufig zu dieser „eigenen“ Gruppe gehören.

Dagegen sind alle Aufeinandertreffen auf fremde Hunde zuerst von Spannungen geprägt. Hierbei spielen vor allem Rasse, Alter, Geschlecht, Persönlichkeit, Sozialisierung und natürlich auch die bis dato gemachte Erfahrungen eine große Rolle. Basierend auf diesen Faktoren entscheidet sich, ob eine Hundefreundschaft entsteht oder nicht.

ZooMo empfiehlt

ZooMo rät:

Hilfreich bzw. notwendig für positive Hundebegegnungen ist eine entspannte Umgebung und vor allem auch das Vertrauen, das dein Hund zu dir hat, damit aus spannungsgeladenen ersten Begegnungen langfristig Hundefreundschaften entstehen können. Denn bis Hunde wirklich miteinander spielen dauert es i.d.R. einige Zeit.

Fazit

Es ist nicht zwingend notwendig für Hunde Kontakt zu fremden Artgenossen zu haben. Vielmehr ist es wichtig, dass dein Hund das Vertrauen in dich besitzt, dass Du ihm bei solchen Begegnungen beistehst.

Es ist unsere Aufgabe als Hundebesitzer bzw. Hundebesitzerin, in solchen Begegnungen unsere Hunde durch die Situation zu leiten – und wenn nötig einzugreifen, damit sie Konflikte nicht allein lösen müssen.

Zwei Hunde beschnüffeln sich
Sich beschnüffelnde Hunde, Foto: Steve Adcock via pixabay

Kopfbild: Candid_Shots via pixabay

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