Schwebender Federstern

Haar- und Federsterne: Filigrane Juwelen

Selten sieht man sie bei Tauchgängen, noch seltener in professionellen Schau-Aquarien — und fast nie in den Hobby-Aquarien der Meerwasser-Aquarianer: Die Rede ist von den wohl schönsten und filigransten Meerestieren, die ich im Laufe meiner Zeit als Meerwasseraquarianer in meinen Aquarien pflegen konnte: den Haar- und Federsternen.

Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe rund um „Erlebnisse mit Meerwasser-Aquarien“. Unser Autor Andreas Berns — Aquarienberater mit langjähriger Erfahrung mit Aquarien jeglicher Art und Größe — berichtet in dieser losen Sammlung anekdotisch und kurzweilig über besondere Aquarienbewohner, interessante Integrationsprojekte und kuriose Erlebnisse. Dabei gibt er auch wertvolle Tipps zur Haltung der beschriebenen Arten.

Bisher erschienen sind folgende Geschichten:

Vorsicht Gift: Feuerfische im Riffaquarium
Ganz schön clever: Ein Palettendoktor zieht um & wird sozialisiert
Zäher kleiner Schmuckstein im Meerwasser-Aquarium: Die Pferdeaktinie Actinia equina

Federsterne auf einer Gorgonie
Federsterne auf einer Gorgonie. Als Filtrierer lieben sie es, in der Strömung zu stehen. Foto: Ursula Krapf via Unsplash

Haarsterne — auch oft Federsterne genannt — bilden mit ca. 600 bekannten Arten die kleinste Gruppe im Stamm der Stachelhäuter (Echinodermata) innerhalb der Seelilien (Crinoidea). Der weitaus größte Teil der Haarsterne gehört zur Ordnung der Comatulida, die sich nochmals in sechs Familien mit insgesamt 13 Gattungen unterteilt.

Sieht man zum ersten Mal einen Haarstern, so zweifelt man häufig, ob es sich um ein Tier, oder „nur“ um eine besonders farbenprächtige und schöne im Wasserstrom wogende Algenart handelt. Beim genauen Hinsehen zeigt sich dann dem Betrachter aber schnell: Es ist ein wunderschönes, filigranes und in seiner Farbenpracht oft kaum zu beschreibendes Tier, das in seiner Form teilweise an die verwandten Seesterne erinnert, andererseits aber so einzigartig erscheint, dass wieder Zweifel an der Verwandtschaft aufkommen mögen.

Diese Einzigartigkeit liegt im Besitz von sogenannten Pinnulae – auch Fiederchen genannt – die, auf den Armen der Haarsterne sitzend, den Gesamteindruck der Tiere sowohl durch ihre Größe im Verhältnis zum eigentlichen Körperrumpf als auch in der gesamten optischen Wirkung dominieren.

Eine Vielzahl an Federsternen neben Seescheiden an einem Riff
Was für eine Pracht: Eine Vielzahl an Federsternen neben Seescheiden an einem Riff. Foto: Tom Fisk via Pexels

Anatomie und Erscheinungsbild

Haarsterne bestehen aus dem zentralen Rumpf, aus den Armen und aus Cirren. Im winzig kleinen Rumpf, der häufig durch Arme und Fiederchen verdeckt wird, sind die Eingeweide sowie (anders als bei den gemeinen Seesternen) an der Oberseite die Mundöffnung untergebracht.

Eingerollter Haarstern im Aquarium
Eingerollter Haarstern Himerometra sp. unter Riffhang (Aquarienaufnahme, Bild des Autors)

Von der Körperseite gehen bis zu 40 Cirren ab – kleine, sehr bewegliche Greiforgane, die sowohl zum Festhalten als auch zur Fortbewegung dienen. Neben Rumpf und Zirren sind die Arme das auffälligste Merkmal der Haarsterne.

Je nach Art unterschiedlich gehen fünf bis 200 Arme vom Rumpf ab. Sie sind auf der gesamten Länge von Fiederchen bedeckt und wirken hierdurch oft überhaupt nicht wie die typischen Arme eines Seesternes. Vielmehr erinnert jeder einzelne eher an die zarte Feder eines Vogels.

Die Fiederchen dienen sowohl der Fortpflanzung (Sitz der Fortpflanzungszellen) als auch dem Nahrungsfang. Haarsterne sind Planktonfänger, die sich von Diatomeen, Kleinkrebsen, organischem Detrius, Algen u.ä. ernähren. Mit den auf den Armen sitzenden Fiederchen wird aus dem umströmenden Wasser Nahrung gefiltert, überprüft und dann über eine auf der Innenseite der Arme vorhandene bewimperte Futterrinne zur zentralen Mundöffnung transportiert.

Himerometra sp. am Boden des Aquariums
Himerometra sp. am Boden des Aquariums. Foto: Andreas Berns

Ein Haarstern bewegt sich in seiner natürlichen Umgebung und im Aquarium nur in einem kleinen Umkreis ihres einmal gefundenen strömungs- und futtertechnisch günstigen Standplatzes. Viele Arten verlassen diesen Platz nur bei Veränderung der Umgebungsbedingungen, andere lediglich um vom Tagesversteck zum Nachtfutterplatz zu gelangen.

Dieses sehr unbewegliche Verhalten ähnelt ihrem bereits in der Larvalentwicklung gezeigten Verhalten: Die zunächst planktonisch umherschwimmenden Larven der Haarsterne suchen sich während des sogenannten Pentacrinoid-Stadiums einen geeigneten Platz am Meeresgrund, um sessil zu werden. Hier bilden sie dann einen festen „Stengel“ aus und heften sich für die nächsten Monate (bei einigen Arten Jahre) bis zum Ende ihrer Entwicklung zum fertigen Haarstern am Untergrund fest.

Aquarienhaltung von Haarsternen

In Hobbyaquarien sieht man Haarsterne leider nur sehr selten. Dies liegt einerseits daran, dass sie wegen ihrer Transportempfindlichkeit selten gezielt importiert werden, zum zweiten aber leider auch immer wieder daran, dass die Tiere in den Händlerbecken falsch gehältert werden und schon nach kurzer Zeit verhungern. Da die meisten Haarsterne nachtaktiv sind (Ausnahme Himerometra sp.), muss ihnen zwingend zum Überleben auch nachts eine ausreichende Menge Plankton oder Ersatznahrung angeboten werden.

Wenn Du beabsichtigst, einen Haarstern in deinem Aquarium zu pflegen, solltest Du dies nur in gut eingefahrenen Riffaquarien mit intakter Mikrofauna tun. Überlege vorher, ob Du die Futteransprüche (und -zeiten) der Tiere erfüllen kannst und auch willst!

Das Einsetzen gut vorbereiten

Sprich die Übernahme der Tiere schon im Vorfeld mit deinem Händler ab, damit er dich unmittelbar informiert, wenn die Tiere bei ihm eintreffen. So kannst Du sie direkt übernehmen, damit Du den Tieren möglichst schnell in deinem Aquarium eine geregelte Nahrungsversorgung bieten kannst. Denn Haarsterne vertragen keine langen Hungerphasen!

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Achtung beim Umsetzen: Die Haarsterne dürfen beim Transport und beim Umsetzen auf keinen Fall mit der Umgebungsluft in Berührung kommen! Denn ihr empfindliches Ambulakralsystem, das alle Bewegungen mittels Wasserdruck steuert, ist über Löchlein mit der Außenwelt des Tieres verbunden. Kommt durch Luftkontakt aber Luft in das Ambulakralgefäßsystem, reißt der Kontakt ab und ein schneller Tod der Tiere ist die wahrscheinliche Folge!

Außerdem muss das Umsetzen in das Aquarium wegen der Empfindlichkeit gegenüber Ph-Wert-Schwankungen sehr langsam (über Stunden!) geschehen (Tröpfchen-Methode). Vorsicht bei der Berührung der Arme – sie brechen sehr schnell an „Sollbruchstellen“ ab.

Meerwasserbecken mit Weichkorallen und Federsternen
Meerwasserbecken mit Weichkorallen und Federsternen. Foto des Autors.

Einmal zuhause in deinem Aquarium angekommen, bereiten die Haarsterne mit Ausnahme der Ansprüche an reichliche und häufige Fütterung nur wenig Schwierigkeiten. Es gibt außer diversen Drückerfischen, mit welchen Haarsterne keinesfalls gemeinsam gehalten werden sollten, praktisch keine Feinde in unseren Aquarien. Durch Transport- und Umsetzstress oder durch Berührung eventuell abgeworfene Arme regenerieren sehr schnell, solange nur stets ausreichend Futter zur Verfügung steht.

An die Wasserqualität stellen Haarsterne keine unerfüllbaren Anforderungen: niedrige Nitratwerte sind in unseren Aquarien heute kein Problem mehr, lediglich die Abschäumung muss sehr planktonschonend eingestellt sein, da Detrius und Plankton die Hauptnahrungsquelle für unsere Haarsterne bilden.

Der ideale Standplatz

Wenn Du den Einzug des neuen Bewohners gut durchdacht und vorbereitet hast, kannst Du das Tier nach einer ausreichend langen Wasserangleichung direkt an einen gut einsehbaren Platz in dein Aquarium setzen:

Haarsterne brauchen festes Substrat zum Anklammern mit ihren Cirren, sie lieben gut durchströmtes Wasser, aber keine Wasserturbulenzen und keinen direkten harten Wasserstrom.

Der Standplatz sollte abgeschattet sein, sich also nicht in direktem/starkem Licht befinden. Andererseits sollte er aber auch zumindest so hell ausgestattet sein, dass Du als Betrachter die Schönheit dieser interessanten Tiere beobachten kannst.

Wenn Du die vorgenannten Bedingungen erfüllst, wird der Haarstern den angebotenen Platz oft einnehmen und sich nur noch in sehr begrenztem Umkreis fortbewegen. Wenn ihm doch etwas nicht passt: Gönne ihm die eigene Standortwahl und versuche nicht, ihm deinen Willen aufzuzwingen. Dies wird eh nicht klappen!

Zum Schluss eine Empfehlung: Versuche es zu Beginn der neuen Freundschaft doch einmal mit Himerometra sp. Dein Händler wird auf gutes Zureden hin gerne versuchen, ein solches Tier zu besorgen. Dieser Haarstern wird auf deutsch auch als „robuster Haarstern“ bezeichnet. Ein Name, der nach meinen Erfahrungen zutrifft.

Kopfbild: Schwebender Federstern, Foto ©Sam Kerridge via Pixabay

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